Murkens Hof – Kulturelle Begegnungsstätte in Lilienthal
Die Geschichte eines traditionellen Treffpunktes


„Herr es ist ja deine Gabe und ein Zeichen deiner Gunst was in dieser Welt ich habe, schütze doch vor Feuerbrunst und vor andere Unglücksfälle weil ich alles dir heimstelle.“
Wiedererbaut von Lüer Murken Witwe Lena geb. Höge, den 16. July 1827; nach dem Brande vom 27. May 1827.


Mit diesem Spruch am Giebel der altehrwürdigen ehemaligen Gaststätte Murken im Zentrum Lilienthals erbittet die Gastwirtswitwe Lena Murken während des Richtfestes am 16. Juli 1827 Gottes Hilfe für das an diesem Tage nach schrecklichem Brande wiedererstellte Gebäude.
Feuer hatte in der Geschichte dieses Hofplatzes schon immer eine entscheidende Rolle gespielt, war dieses doch schon der dritte große, alles vernichtende Brand seit der Errichtung eines ersten Wohngebäudes im Jahre 1350 auf diesem Areal an der Wörpe in Lilienthal. Vor nunmehr rund 650 Jahren hatte damals die Äbtissin Gertrud Scheene im Zuge der Erweiterung der Lilienthaler Klausur über die Wörpe hinaus an dieser Stelle ein Äbtissinnenhaus errichten lassen. Das Kloster stand in voller Blüte. Die Einnahmen waren in den ersten 100 Jahren nach der Gründung erheblich gewachsen, desgleichen die Anzahl der Nonnen von ursprünglich acht auf über 30.

Die erste ursprüngliche Gründung des Klosters Lilienthal für acht Nonnen des Zisterzienser-Ordens, die vom Bremer Erzbischof Gerhard II. zufolge eines Gelöbnisses aus Walberberg bei Köln nach hier geholt wurden, war an anderer Stelle auf der Höge im St. Jürgens-Land erfolgt, und zwar am 25. März 1232, dem Tage der Verkündigung des Herrn gegenüber der Jungfrau Maria, welcher das Kloster unter dem Zeichen der Lilie auch gewidmet wurde. Wegen des ständigen im Winter und im Frühjahr eintretenden Hochwassers musste dieser Standort schon nach 4 Jahren (1235) wieder aufgegeben und eine vorläufige Verlegung nach Lesum und Wolda in die Wege geleitet werden.

1248 wurde mit der Erstellung des Kirche und der dazugehörigen Anbauten begonnen. Zum Schutz gegen unbefugte Einsicht und auch vor möglichen Feinden wurden ringsherum neue Waldgebiete angelegt.
Von diesem Zeitpunkt ab begann sich nun an diesem neuen weiteren Ort ein bewegtes kulturelles Leben zu entwickeln, denn alle offiziellen Besucher des Klosters, die jährlich auftauchenden Inspektoren, die zugeordneten Äbte und Pröbste, aber auch der private Kreis der Äbtissin wurden im Haus untergebracht und verpflegt.

Für 20 Jahre war anschließend ein reichlicher Anstieg der Einnahmen zu verzeichnen, und so mancher Umbau an Kirche und Klausurgebäuden wurde noch vorgenommen. Nach Einzug der Reformation in das Kloster brachen jedoch für die letzten Äbtissin Hille Mertens im Gefolge des 30jährigen Krieges, ab 1618, schlechte und gefährliche Zeiten an.

Nachdem zunächst geplant war, auf dem Weyer Berge bei Worpswede ein Sommerschloss zu errichten, erkannte Eleonora Eleonora jedoch schon 1655 die reizvolle Lage des ehemaligen Äbtissinenhaus neben der alten Wassermühle in Lilienthal und begann die unter mächtigen Eichen schlummernde Anlage wieder aufzubauen.

Kaum zu glauben, dass von nun an in Lilienthal eine Herzogin residierte, die den Fischteich des Klosters erneuerte, Wasserspiele und einen Ziergarten anlegte und das Lilienthaler und das Butendieker Gehölz als „Lustholz“ der Fürstin bezeichnet wurden.
Dieter Gerdes








Planerisches Konzept Murkens Hof

Betrachtungen über den Ortsmittelpunkt

„Mit der Eröffnung und Übergabe von Murkens Hof am 27. August 1993 wird an eine historische Überlieferung von hoher Bedeutung angeknüpft. Das Grundstück und seine Bauten haben über Jahrhunderte die kulturgeschichtliche Entwicklung Lilienthals mitgeprägt. Der besondere Standort an der Wörpe unter den hohen alten Bäumen hat bis heute seine Ausstrahlung behalten. In zweijähriger komplizierter Bauarbeit ist auf dem Gelände eine Baugruppe entstanden, die den Namen „Murkens Hof – Kulturelle Begegnungsstätte Lilienthal tragen wird. Sie besteht aus einem umgebauten Altbau und einem in Symbiose mit diesem verbundenen Neubau. Jener Altbau war die weithin in hohem Rufe stehende Gastwirtschaft Murkens Gasthof Murkens Gasthof die im Jahre 1987, als sie ihren Betrieb einstellte, eine bereits 250jährige Geschichte hinter sich gebracht hatte. In diesem Zeitraum war das Haus zweimal durch Feuer zerstört und sogleich wieder aufgebaut worden. Die Inschrift des Zimmermanns auf dem Dielenbalken über der Grooten Dör berichtet uns von den Bränden der Jahre 1813 und 1827.

Die Kernstruktur von Murkens Hof war ein sog. Niedersächsisches Vierständer-Hallenhaus. Der großzügige Charakter dieses Bautyps war am Ende jedoch durch Einbauten weitgehend verlorengegangen. Obwohl das Gebäude aus diesen Gründen nicht mehr unter Denkmalschutz stand, hatte es durch seine landschaftstypische Bauform noch immer eine starke Wirkung an seinem Standort. In Verantwortung für das überkommene Erbe hat die Gemeinde 1975 das Grundstück und die Gebäude von Murkens Hof erworben. Eine glückliche Entscheidung war auch die Beauftragung des Landschaftsarchitekten Professor Dipl.-Ing. Wilhelm Landzettel.

In seinem Gutachten von 1988 empfahl er, einige qualitätvolle Gebäude besonders wiederzubeleben. Sie sollten als sogenannte „Frühmale“ mitwirken, einen anspruchsvollen städtebaulichen Schwerpunkt für Lilienthal herauszuarbeiten. Dabei hatte er neben den dominierenden Bauten von Kirche und Rathaus auf die besondere Bedeutung des Bauernhauses Murkens Hof hingewiesen. Professor Landzettel empfahl den Ausbau zu einer „kulturellen Begegnungsstätte“.
„Wenn Menschen sich treffen wollen, so brauchen Sie den Raum, eine räumliche Hülle innen und außen. Erst durch die Begegnung und Absprache können sie stark werden, um größere Ziele gemeinschaftlich zu erwirken. Daher haben sich die Bürger seit jeher Ortsmittelpunkte geschaffen. Wenn es gelingt, dieses Zentrum ortstypisch zu gestalten, so kann daraus der ganze Ort seine sogenannte Identität gewinnen. Identität bedeutet nichts anderes als die eigene Art, das besondere Gesicht, nach denen jedes Gemeinwesen strebt, um in der Auseinandersetzung mit der Umwelt zu überzeugen“.

Die Baugeschichte Lilienthals beginnt bei den Profanbauten erst im 19. Jahrhundert. Umso wichtiger ist jedes Stück alter Bausubstanz, damit das Ortsbild Charakter und Ausrichtung gewinnt. Murkens Hof Auf diesem Wege ist die Wiederbelebung von Murkens Hof ein wichtiger Schritt. Er knüpft an die historische Überlieferung an und stellt neue Räume für die Begegnung der Bürger zur Verfügung. Es ist freilich nicht gelungen, die alte gemütliche Gastwirtschaft Murken Gastwirtschaft Murkens Hof am Leben zu erhalten, sondern es hat die neue Zeit auch neue Aufgaben gebracht. Wenn auch nicht alle Wünsche der Bürger aus Kosten- und Platzgründen verwirklicht werden konnten, so wird doch der erneuerte Murkens Hof mit seinen vielen Raumangeboten zukünftig ein wichtiger Beitrag zur Erweiterung des Ortsmittelpunktes werden.

Von den Landschaftsarchitekten Kreikenbaum und Heinemann wurde ein Grünplan für die Umgebung von Murkens Hof entwickelt. In diesem werden zeitgerechte Formen des Landschaftsbaues auf überzeugende Weise verbunden mit überlieferter Bauweise, zum Beispiel durch die Gestaltung eines Bauerngartens an der Südseite der Bauten mit dem Blick auf das Wörpeufer. Murkens Hof Bauphase Die tragende Idee unseres Entwurfes war, aus den beiden Bauten des kulturellen Zentrums eine funktionale und architektonische Einheit zu machen und sie gleichwohl als Bauten verschiedener Herkunft und verschiedener Baustruktur erkennbar und voneinander abzusetzen.

Möge der wiederbelebte Murken Hof die Bürger Lilienthals anziehen, erfreuen und fördern!“
(Prof. Gerhard Müller-Menckens)
Quelle und Zitate aus
"Murkens Hof - Kulturelle Begegnungsstatte Lilienthal

Die Geschichte eines traditionellen Treffpunktes in Lilienthal"
Von Dieter Gerdes und Prof. Gerhard Müller-Menckens, aus Murkens Hof, Kulturelle Begegnungsstätte Lilienthal von 1993

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